Magnesiumorotat
In einem Vortrag aus dem Jahre 1994 hörte ich diese Erklärungen über die Wirkung von Magnesiumorotat gegen Artherosklerose. Es solle die Cholesterinablagerungen in den Blutgefäßen einfach auflösen:
„Von dem Orotsäure-Rest werden die Körperzellen metabolisiert. Diese geben Abbauprodukte auf den Blutweg. Eines dieser Abbauprodukte ist das Ferment, das die Fettverdauung möglich macht: Cholesterin-Esterat. Jetzt strömt dieses Blut in den Gefäßen mit seinen Fett-Tröpfchen über den Cholesterin-Film, der wie Kesselstein in sämtlichen Gefäßen liegt. Das Cholesterin kommt in Kontakt mit dem Ferment. Durch das Ferment wird Fett gespalten in Glyzerin und Fettsäure. Die Fettsäure wird verestert mit Cholesterin zu Cholesterin-Fettsäure-Ester, der wasserlöslich ist und dann über die Nieren abgeht. (Cholesterin selbst ist nicht wasserlöslich.) Das heißt, der Cholesterin-Film wird langsam abgetragen.“
Meine Neugier war geweckt und wurde zum Auslöser dieser Recherche.
Der deutsche Arzt Dr. Hans Nieper hat als erster das Magnesiumorotat in die klinische Praxis eingeführt. Er war überzeugt, dass diese Magnesiumverbindung besonders gut wirksam wird.
Magnesiumorotat nach Herzschäden
Inzwischen (2014) gibt es tatsächlich einige klinische Studien über die kardioprotektive Wirkung von Magnesium(orotat). Eine erhebliche Anzahl von Studien befasst sich mit dem Nutzen von Magnesiumorotat für Patienten, die einen Herzinfarkt oder eine Herzoperation hinter sich hatten.
Berichtet wurden:
- besseres Überleben von Gewebe, das durch Sauerstoffmangel geschädigt wurde (1)
- Verringerung vorzeitiger Herzschläge (2)
- Erhöhte körperliche Leistungsfähigkeit (2, 3)
- Reduzierte Verkalkung von geschädigtem Herzgewebe (4)
Hinweis: Bei geschädigtem Herz immer auch sofort Coenzym Q10 geben, am besten als Ubiquinol.
Als Erklärung wird vermutet
a) die bessere Verfügbarkeit von DNA-und RNA-Vorläufern für die Reparatur von geschädigtem Gewebe und
b) eine höhere Synthese von ATP und Glykogen, die beide Energie im Herzmuskel liefern. (5)
Beispielstudien:
Die MAGICA Studie (doppelblind, randomisiert) von 1997 kam zu dem erstaunlichen Schluss, dass selbst bei Patienten mit normalen Serumkonzentrationen von Magnesium ein positiver Effekt durch weitere Magnesiumgaben auftritt. (6)
232 Patienten mit normalen Serumkonzentrationen an Kalium, Magnesium
120 davon mit mehr als 720 Extrasystolen am Tag
Sie bekamen 3 Wochen lang oral Kalium, Magnesium oder Placebo.
In der Magnesiumgruppe reduzierten sich die Extrasystolen um: 17%
Erstaunlicherweise hilft das Magnesium demnach auch bei Menschen ohne Magnesiummangel.
(Wobei ich annehme, dass dies auf falsche Labordiagnostik zurückzuführen ist.
Denn Messungen von Vitaminen und Mineralstoffen im Serum zeigen oft einen Mangel gar nicht an,
weil man dort nur sieht, was in den letzten Tagen mit der Nahrung gegessen wurde. Labormesseungen werden
oft falsch gemacht.)
Eine im Jahr 2009 veröffentlichte Studie der Moskauer Akademie für Medizinische Wissenschaften bescheinigt Magnesiumorotat eine lebensrettende Wirkung bei Patienten mit Herzinsuffizienz (Herzschwäche). (7)
Die Forscher gaben 79 Patienten zusätzlich zu den herkömmlichen Herzmedikamenten entweder Magnesium-Orotat oder ein Scheinmedikament (Placebo).
Ergebnis: Nach einem Jahr besserten sich bei 38,5 Prozent der mit Magnesiumorotat behandelten Herzkranken die klinischen Beschwerden deutlich. In der Placebo-Gruppe wurde hingegen bei keinem einzigen (!) Patienten eine Besserung erzielt. Es verschlechterten sich bei 56 Prozent sogar die Symptome der Herzschwäche, und nach einem Jahr lebte nur noch etwas mehr als die Hälfte dieser Patienten. Von den Herzkranken, die zusätzlich Magnesium-Orotat einnahmen, überlebten diesen Zeitraum hingegen mehr als 75 Prozent.
Dr. Hans Nieper selbst behandelte Herzkranke täglich mit einer Kombination aus 1500 bis 2500 mg Magnesiumorotat, 150 bis 300 mg Kaliumorotat und 120 bis 140 mg Bromelain (ein Enzym aus Ananas).
Magnesiumorotat für die Gefäße
Dr. Nieper berichtete auch, dass Magnesiumorotat die Elastizität der Blutgefäße verbessert. Eine Tagesdosis von 380 mg Magnesium-Orotat über 15 Monate war ausreichend, um bei 60 von 64 Patienten die Elastizität der Blutgefäße zu verbessern oder zu normalisieren. (8)
Eine ungarische Studie von 1995 zeigt geradezu fantastische Wirkungen von Magnesiumorotat auf die Blutgefäße von Kaninchen. (9)
Neuseeland-Kaninchen wurden 112 Tage lang gefüttert mit 2%iger cholesterinreicher Nahrung. Dadurch bildeten sich Beläge (Plaques) in den Arterien der Kaninchen.
Ab dem 56. Tag bekamen drei Gruppen der Kaninchen zusätzlich
n = 15 Magnesiumchlorid (109,8 mg/kg/d)
n = 15 Orotsäure (168,5 mg/kg/d)
n = 15 Magnesiumorotat (200 mg/kg/d – das ist eine ganze Menge)
Ergebnis:
Verbesserung der Cholesterinablagerungen (Plaques) durch Magnesiumorotat (orange), Orotsäure und MgCl. Die hintere Reihe zeigt die Stärke der Plaques der unbehandelten Kontrollgruppe.
Nach den 112 Tagen wurden verschiedene Arterien der Kaninchen morphologisch analysiert und ausgemessen (Aorta, Koronarien, A . renalis und femoralis). Man sah, dass sich die arteriosklerotischen Veränderungen in allen untersuchten Gefäßen durch die verabreichten Substanzen gebessert hatten. Mit MgCl moderat, mit Orotsäure gut und mit Magnesiumorotat sehr gut. (Siehe Abbildung oben: man sieht einen Rückgang der Plaques innerhalb von 56 Tagen auf die Hälfte der Dicke bei der Magnesiumorotat-Gruppe.)
Nach so einem Ergebnis würde ich einen Boom von Forschungen zu Magnesiumorotat erwarten. Das Gegenteil ist passiert. Über die Senkung der Cholesterinablagerungen durch Magnesiumorotat fand ich keine weiteren Studien. Statt dessen werden weiter mit viel Aufwand die gefährlichen Cholesterinsenker beworben.
Der Haken
Ein Haken liegt in den relativ hohen Dosen – die entsprechen 10…20 g täglich für einen Erwachsenen.
Das kann dem Grundsatz widersprechen, dem Körper nur so viel zuzuführen, wie er tatsächlich braucht.
Ich hätte da Bauchschmerzen, einem Patienten solche Dosen zu empfehlen, der keinen Magnesiummangel hat.
Es gibt allerdings Ärzte, die mit solchen hohen Dosen arbeiten, offenbar ohne Komplikationen bei Patienten.
Hoffen wir also, dass sie etwas zu ihren Ergebnissen veröffentlichen.
Fazit
Ob der oben zitiert Mechanismus der Cholesterinauflösung durch Magnesiumorotat tatsächlich so zutrifft, müsste mir ein Biochemiker erklären. Der Wissenschaftsautor Ed Sharpe kommt durch Auswertung aktueller Studien zu einer etwas anderen Erklärung: (10)
„Wahrscheinlich beruht die cholesterinsenkende Wirkung von Magensiumorotat auf der Kombination der Wirkungen seiner beiden Komponenten: Verbesserter Transport von Magnesium, das für anti-cholesterin Effekte und anti-Atherosklerose-Effekte bekannt ist (11) und die verstärkte Bildung von Uridin aus Orotsäure.“ (12,13)
Hingegen hat das chemisch ähnliche Kalziumorotat keine cholesterinsenkende Wirkung, obwohl es günstige Effekte auf die Arterien hat. (14)
Verzeichnis der erwähnten Studien
(1) Zeana C „Magnesium orotate in myocardial and neuronal protection“. Rom J Intern Med. 37(1):91-7
(2) Branea I, et al. „Assessment of treatment with orotate magnesium in early postoperative period of patients with cardiac insufficiency and coronary artery by-pass grafts (ATOMIC)“. Rom J Intern Med. 37(3):287-96 (2006)
(3) Geiss KR, Stergiou N, Jester, Neuenfeld HU, Jester HG; „Effects of magnesium orotate on exercise tolerance in patients with coronary heart disease“. Cardiovasc Drugs Ther. 1998 Sep; 12 Suppl 2:153-6
(4) Jasmin G, Proschek L; „Effect of orotic acid and magnesium orotate on the development and progression of the UM-X7.1 hamster hereditary cardiomyopathy“. Cardiovasc Drugs Ther. 1998 Sep; 12 Suppl 2:189-95
(5) Classen HG „Magnesium orotate experimental and clinical evidence“. Rom J Intern Med. 2004; 42(3):491-501
(6) Zehender, M., et al., „Antiarrhythmic effects of increasing the daily intake of magnesium and potassium in patients with frequent ventricular arrhythmias“. J. Am. Coll. Cardiol. 29 (1997) 1028 - 1034.)
(7) Stepura, O.B.; A.I. Martynow. „Magnesium orotate in severe congestive heart failure (MACH)“. International Journal of Cardiology, 1 May 2009, Volume 134, Issue 1, Pages 145-147) pubmed/19367681
(8) Nieper HA. „criteria on the effect of magnesium orotate, EPL substances and clofibrate on the elasticity of blood vessels“. Agressologie. 1974;15(1):73-7)
(9) Jellinek H, Takacs E. „Morphological aspects of the effects of orotic acid and magnesium orotate on hypercholesterolaemia in rabbits“. Arzneimittelforschung. 1995;45(8):836-42.)
(10) Ed Sharpe „How Orotates Work, The Biochemistry of "Vitamin B13"“ (Fasst viele Studien zusammen)
www.globalhealingcenter.com/calcium-orotate/orotates-mineral-transporters
www.harshachemicals.com/Orotate_Study.htm
(11) Ouchi Y, Tabata RE, Stergiopoulos K, Sato F, Hattori A, Orimo H. "Effect of dietary magnesium on development of atherosclerosis in cholesterol-fed rabbits". Arteriosclerosis. 1990;10(5):732-7.
(12) Connolly GP, Duley JA. „Uridine and its nucleotides: biological actions, therapeutic potentials“. Trends Pharmacol Sci. 1999; 20(5):218-25.
(13) Dodin G, Lalart D, Dubois JE. „Role of magnesium cations in the yeast orotate phosphoribosyltransferase catalyzed reaction. Mechanism of the inhibition by Cu++ and Ni++ ions“. J Inorg Biochem. 1982; 16 (3):201-13.
(14) Nieper HA. „The anti-inflammatory and immune-inhibiting effects of calcium orotate on bradytrophic tissues“. Agressologie. 1969; 10(4):349-57.