Therapie bei Instabilitäten der oberen Halswirbelsäule (Kopfgelenke)
Therapie bei Instabilitäten der Halswirbelsäule und des Kopf-Hals-Übergangs
Instabilitäten entstehen innerhalb diesen anatomischen Gebietes vornehmlich durch:
- Verletzung/Ruptur des Dens-Gelenks (kapsuläre Verbindung des Dens axis mit dem vorderen Atlasbogen) im Rahmen eines Dens-Traumas (Capsulae der Articulatio atlantoaxialis mediana)
- Verletzung/Ruptur der Membrana atlantooccipitalis anterior oder
- Verletzung/Ruptur des Ligamentum apicis dentis, bzw. eines Dens-Spitzen-Traumas
- Verletzung/Ruptur der Membrana tectoria
- Verletzung/Ruptur der Gelenkkapseln atlantookzipital (Capsulae der Articulationes atlantooccipitales)
- Verletzung/Ruptur der Gelenkkapseln atlantoaxial (Capsulae der Articulationes atlantoaxiales laterales)
- Verletzungen der Ligamenta alaria
Instabilitäten der Halswirbelsäule können zu direkten mechanischen (wiederkehrenden) Verletzungen im Bereich des Hirnstammes führen. Instabilitäten im Bereich der mittleren und unteren Halswirbelsäule können durch Spondylolisthese, also Wirbelgleiten, zu Okklusionen, also zu Verengungen oder wiederkehrende Verschließungen im Bereich der Vertebralarterien führen, mit klassischen Zeichen vertebrobasilärer Insuffizienz, vertebrobasilärer Ischämiezeichen, zu Okkzipitalschmerzen, brennendem Gefühl im Bereich des Kopf-Hals-Übergangs, des Hinterkopfes, zu Verwirrung, Benommenheit, etc. Diese Arterienabklemmung kann jedoch auch im Bereich der oberen HWS und des Kopf-Hals-Übergang die Beschwerden verursachen.
Es läßt sich oft nicht eindeutig sagen, ob die Störungen durch isolierte mechanische Schädigungen des Hirnstamms aufgrund von isolierten Wirbelgleiten im Bereich der oberen Halswirbelsäule oder aufgrund von Durchblutungsstörungen bei Wirbelgleiten mit Einengung der Vertebralarterien an verschiedenster Stelle im gesamten Halswirbelsäulenabschnitt entstehen. D.h. eine Flußstörung durch Wirbelgleiten kann zwischen C6/C7 die selben Symptome verursachen wie zwischen C0/C1 (am Durchgang durch die posteriore Membran).
Chirurgische Behandlung bei atlantookzipitalen und atlantoaxialen Instabilitäten (und kombinierten occipito-atlanto-axialen Instabilitäten)
Auch wenn keine atlantookzipitale Instabilität vorliegt, würde ich dazu tendieren, das Hinterhauptsbein mit in die Stabilisierung aus kräftemechanischen Gründen mit einzubinden.
Ventrale (transorale) oder dorsale Stabilisierung (Instrumentierung).
Das heißt posteriore Fusion mit Stab- und oder Plattensystemen von C0 (Hinterhaupt) bis mindestens C3. Dazu transartikuläre C1-C2-Verschraubung nach Magerl und winkelstabile Verankerung der Magerlschrauben an dem Stab- oder Plattensystem. Alternativ Pedikelschrauben C2 und Isthmus-Schrauben C1.
Zusätzlich wäre noch die weitergehend stabilisierende Möglichkeit von Halifax-Klammern eine mitunter sinnvolle Option. Sollten aus anatomischen Gründen Schrauben nach Magerl nicht möglich sein, wären auch Isthmusschrauben und Pedikelschrauben eine mögliche Kombination das Bewegungssegment C1/C2 kurzfristig zu stabilisieren.
Unbedingt zu beachten ist, daß als definites Ziel bei einer Instabilitätsverletzung eine vollständige Spondylodese von C0-C3 (oder weiter) anzustreben ist, da in den allermeisten Fällen die Zeit kurz ist, bis aufgrund der zwangsläufigen wiederholten Mikroimpulse und der daraus resultierenden Haarrisse in den Schrauben, diese brechen können. Dabei ist zu beachten, daß der Raum für eine Reinstrumentierung, eine Revision mit neuen transartikulären C1/C2-Schrauben, im Atlas sehr sehr begrenzt ist und oftmals nicht möglich ist, noch einmal Magerlschrauben zu setzen.
Deshalb gilt, sofort eine Verknöcherung der instabilen Segmente anzustreben.
Dorsale Stabilisierung C0-C3(…)
Operative Behandlung durch Fixierung der Halswirbel/Schädelbasis durch Stabsysteme z.B. von posterior. Anbieter solcher Systeme sind u.a.
- Synthes/Axon, CerviFix
- Ulrich Ulm/Neon
Mit transartikulärer Verschraubung mit C1-Massa-lateralis-Schrauben (Magerlschrauben) oder C2 Pedikel- bzw. Isthmusschrauben. Mit zusätzlicher Knochenspananlagerung C0-C1 und C1-C2.
Dorsale Verschraubung mit Lochplatten C0-C3(…)
Mit transartikulärer Verschraubung mit C1-Massa-lateralis-Schrauben (Magerlschrauben) oder C2 Pedikel- bzw. Isthmusschrauben. Mit zusätzlicher Knochenspananlagerung C0-C1 und C1-C2
Dorsoventrale Fusion der gesamten HWS
Ein oftmals unentdecktes Wirbelgleiten im Bereich der unteren und mittleren HWS kann mit daraus resultierenden Perfusionsstörungen im Bereich der Vertebralarterien identische Symptome wie die klassische Kopfgelenksinstabilität verursachen. In diesem Fall ist eine vollständige Versteifung möglicherweise Mittel der Wahl
Konservative Behandlung
Tragen eines Halo-Fixateurs über mehrere Wochen.
Pathophysiologisch ist die Zerreissung der Articulatio trochoidea des Dens axis und/oder des Ligamentum apicis dentis oder der Ligamenta alaria (jedoch in Kombination mit Zerreissungen von Gelenkkapseln C0/C1 oder C1/C2 oder des Lig. apicis dentis) ursächlich für die Beschwerden.
Deshalb ist entgegen des vielerorts gepriesenen Rates einer schnellen Re-Mobilisierung eine Langzeit-Immobilisierung das Mittel der Wahl, um ggf. Verletzungen am vertikalen atlantooccipitalen oder occipitoaxialen-Haltesystem und insbesondere am Dens-Gelenk auszuheilen. Nicht geheilte Faserstrukturverletzungen führen oftmals zu bleibenden Instabilitäten.