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6. Kopfgelenke

8. Dezember 2008

Die Kondylen (Condyli occipitales) des Hinterhauptsbein (Os occipitale), Atlas und Axis bilden zusammen die funktionale Einheit der sogenanten Kopfgelenke. Es gibt drei verschiedene Gelenkverbindungen, die anhand ihrer Funktion eingeteilt werden in ein oberes Kopfgelenk (Atlantookzipitalgelenk, Articulatio atlantooccipitalis) und zwei untere Kopfgelenke (Atlantoaxialgelenke, Articulationes atlantoaxiales mediana et laterales).

6.1 Das Atlantookzipitalgelenk

Das Atlantookzipitalgelenk (oberes Kopfgelenk, Articulatio atlantooccipitalis) besteht aus der paarigen gelenkigen Verbindung zwischen den Gelenkgruben (Foveae articulares superiores) der oberen Gelenkfortsätze (Processus articulares superiores) des Atlas und den Gelenkflächen der Gelenkfortsätze (Kondylen; Condyli occipitales) der Hinterhauptsbeins (Os occipitale). Die Kondylen befinden sich am ventrolateralen (vorn-seitlich) Rand des großen Hinterhauptsloches (Foramen magnum) des Hinterhauptsbeins (Os occipitale).
Das Atlantookzipitalgelenk wird hauptsächlich von der paarigen Gelenkkapsel sowie vom vorderen und hinteren atlantookzipitalen Ligament, aber auch vom Ligamentum cruciatum atlantis (Ligamentum transversum atlantis und dessen anhängenden vertikal laufenden Faserzügen (Crus superius und Crus inferius)) stabilisiert. Die Flügelbänder (Ligamenta alaria) verhindern zusätzlich eine übermäßige Bewegung zwischen Atlas und Axis. Aufgrund fehlender Bandscheiben zwischen Okziput, Atlas und Axis resultiert hier eine im Vergleich zu den übrigen Segmenten größere und sehr komplexe Beweglichkeit. Bei den Kopfgelenken handelt sich um das Zusammenspiel eines Eigelenks (Articulatio atlantooccipitalis bzw. oberes Kopfgelenk) mit einem Drehgelenk (Articulationes atlantoaxiales mediana et laterales bzw. “den beiden unteren Kopfgelenken”). Die resultierende Gesamtbeweglichkeit entspricht in Synergie annähernd derjenigen eines Kugelgelenks.

6.1.1 Funktion der Haltestrukturen

Die Stabilität des atlantookzipitalen Gelenks wird durch folgende Haltestrukturen aufrechterhalten:
  • Paarige Ligamenta alaria, damit wird ein Ventralgleiten, Lateralgleiten und rotatorische Subluxationen von C1 über C2 verhindert
  • Die Gelenkkapseln (Capsulae articulares) der Articulationes atlantooccipitales
  • Das vordere atlantokzipitale Ligament (Ligamentum atlantooccipitale anterius; Syn.: Membrana atlantooccipitalis anterior)
  • Das hintere atlantokzipitale Ligament (Ligamentum atlantooccipitale posterius; Syn.: Membrana atlantooccipitalis posterior)
  • Die dem Ligamentum transversum atlantis anhängenden vertikal laufenden Faserzüge Crus superius und Crus inferius, also die oberen Teile des Ligamentum cruciatum atlantis

6.2 Die beiden Atlantoaxialgelenke

Die beiden unteren Kopfgelenke (Atlantoaxialgelenke, Articulationes atlantoaxiales mediana et laterales) werden durch die gelenkigen Strukturen des Atlas-Axis-Komplexes gebildet.

6.2.1 Articulatio atlantoaxialis mediana

Der Wirbelkörper (Corpus vertebrae) des Axis wird nach oben (kranial) durch einen zapfenförmigen …Zahn” (Dens axis) fortgesetzt, der entwicklungsgeschichtlich vom Atlas stammt. Dieser Zahn bildet mit seiner Facies articularis anterior in der Zahngrube des Atlas (Dens-Grube, Fovea dentis) ein so genanntes Rad- oder Zapfengelenk (Articulatio trochoidea). Weiterhin artikuliert der Dens axis mit seiner Facies articularis posterior mit dem Transversum-Band des Atlas (Ligamentum transversum atlantis), das ihn auch gleichzeitig gegen rückwärts gerichtete Bewegungen sichert. Interessanterweise finden sich auf der Oberfläche des Bandes Auflagerungen von Faserknorpelzellen, die einen Rückschluss auf einen gelenkigen Kontakt mit dem Dens axis zulassen. Das Band liegt dorsal des Dens und ist an den beiden Massae laterales des Atlas befestigt.

6.2.2 Articulatio atlantoaxialis lateralis

Nach oben hin artikuliert der Axis mit seinen beiden Processus articulares superiores mit den Processus articulares inferiores des Atlas und bildet damit das paarige seitliche Atlantoaxialgelenk (Articulatio atlantoaxialis lateralis; pl. Articulationes atlantoaxiales laterales). Vereinfacht: es stehen Atlas und Axis über die unteren und oberen Gelenkflächen der Gelenkfortsätze (Processus articulares) in Verbindung.
Diese vier Gelenksabschnitte werden von Gelenkkapseln umschlossen und durch mehrere Bänder fixiert. Um den Dens des Axis werden vorwiegend Drehbewegungen wie beim Kopfschütteln (…No-joint”, …Nein”-Gelenk) ausgeführt. Das Zapfengelenk am Dens ermöglicht 20°-30° Rotation zu jeder Seite. Etwa 70% der Kopfdrehung geschieht in diesem unteren Kopfgelenk, der Rest in der übrigen Halswirbelsäule.

6.2.3 Funktion der Haltestrukturen

Die Stabilität der atlantoaxialen Gelenke wird durch folgende Haltestrukturen aufrechterhalten:
  • Ligamentum transversum, sowie die faserige Verbindung der Articulatio atlantoaxialis mediana
  • Paarige Ligamenta alaria, damit wird ein Ventralgleiten von C1 über C2 verhindert
  • Gelenkkapseln der Articulationes atlantoaxiales laterales
  • Vorderes atlantoaxiales Ligament (Ligamentum atlantoaxialis anterius; syn.: Membrana atlantoaxialis anterior)
  • Hinteres atlantoaxiales Ligament (Ligamentum atlantoaxialis posterius; syn.: Membrana atlantoaxialis posterior)

6.3 Die Kopfgelenke nochmals in vereinfachten Worten beschrieben

Die Atlantoaxialgelenke sind auf Drehbewegungen ausgelegt. Dabei kontaktieren die runden Gelenkpfannen an der Unterseite des Atlas die entsprechenden Gelenkflächen der Axis. Der Axis hat einen Wirbelkörper und einen (dorsalen) Wirbelbogen, sowie kräftige Quer- und Dornfortsätze. Markantestes Merkmal des Axis ist sein Zahn (Dens axis). Der Dens axis ist eine kräftige Auftreibung nach oben und ragt in den Altas. An seiner Vorderfläche ist er überknorpelt und besitzt eine flache Gelenkpfanne an der Innenseite. Mit dieser Innenseite nimmt der Dens axis Kontakt mit dem vorderen Bogen des Atlas auf. Die ebenfalls überknorpelte Rückseite des Dens axis gleitet auf einem derben Querband (Ligamentum transversum atlantis), das zwischen den beiden Auftreibungen des Atlas gespannt ist. Dabei entsteht ein Hohlraum (ähnlich einem Spalt) zwischen dem vorderen Atlasbogen und dem Querband. In diesem Hohlraum kann der Dens sich bewegen und Rotationen um 15° bis 25° nach links und rechts durchführen. Auch leichte Streck- und Nickbewegungen sind möglich, weil die seitlichen Gelenkflächen wiederum nicht exakt zusammenpassen.
Das Kopfgelenk ist sehr beweglich, weil es recht “schlaff” ist. Um aber zu vermeiden, dass unkontrollierte Rotations-, Translations-, Streck- und Beugebewegungen Rückenmark oder vaskuläre Strukturen verletzen, hemmen mehrere Bänder die Bewegungsarten im Kopfgelenk. Die Membrana atlantooccipitalis anterior erstreckt sich zwischen vorderem Atlasbogen und Hinterhauptbein. Dieses Band verhindert übermässiges Strecken im oberen Kopfgelenk. Weitere wichtige Bänder sind die Alarligamente, die sich V-förmig vom Dens axis an die vordere und seitliche Begrenzung des Hinterhauptlochs heften und das Ligamentum apicis dentis, das an den Vorderrand des Foramen (occipitale) magnum heftet. Diese Bänder hemmen ein übermässiges Drehen und Kippen im unteren Kopfgelenk und translative Bewegungen.
Rekonstruierte Seite beruht auf der Fassung vom 1 Jul. 2013
OP 2017: Absätze und Textformatierungen eingefügt, um die Lesbarkeit zu verbessern.
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