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3. Zwischenwirbelscheiben

11. Dezember 2008

Zwischenwirbelscheiben (Bandscheiben; Disci intervertebrales) sind die zwischen Wirbelkörpern (Corpora vertebrae) benachbarter Wirbel gelegenen scheibenförmigen Strukturen zur flexiblen Verbindung der Wirbelkörper miteinander.

Sie gehören zu den symphytischen1 (knorpligen) Knochenverbindungen (sog. Symphysen), vergleichbar dem Discus interpubicus der Schambeinfuge. Sie unterscheiden sich damit grundsätzlich von den faserknorpligen2 Zwischenscheiben in echten Gelenken3.

Die Wirbelsäule hat insgesamt 23 Zwischenwirbelscheiben, die jeweils an den Deckplatten und Randleisten (Epiphysen) der Wirbelkörper verwachsen, je zwei Wirbelkörper miteinander verbinden. Zwischen Hinterhauptsbein (Os occipitale) und Atlas, sowie zwischen Atlas und Axis sind keine Zwischenwirbelscheiben vorhanden. Die Bandscheiben machen etwa 25 Prozent der Gesamtlänge der Wirbelsäule aus.

Die Zwischenwirbelscheibe (Bandscheibe; Discus intervertebralis) besteht aus einem äußeren derben Faserring (Anulus fibrosus) und einem zentral gelegenen Gallertkern (Nucleus pulposus).

Der Faserring

Der Faserring (Anulus fibrosus) untergliedert sich in eine äußere Zone, die sich als zugfeste bindegewebige Hülle aus konzentrischen lamellenartigen Schichten vom Typ-I-Kollagenfasern darstellt und einer Innenzone. Am Übergang zur Innenzone geht das straffe Bindegewebe der Außenzone ohne scharfe Kontur in ein faserknorpeliges4 Gewebe über, deren Typ-II-Kollagenfasern in die hyalinknorpeligen Deckplatten der Wirbelkörper einstrahlen.

Im Bereich der äußeren Zone des Faserrings überkreuzen sich die Fasersysteme aufgrund unterschiedlicher Steigungswinkel und verbinden die Randleisten (Epiphysen) zweier benachbarter Wirbelkörper. Innerhalb der Innenzone des Faserrings strahlen die Typ-II-Kollagenfasern in die hyalinknorpeligen Deckplatten der Wirbelkörper ein und es kommt, da einige Fasern auch nach innen ziehen, zu einem unscharfen Übergang hin zum Gallertkern (Nucleus pulposus).

Die Ernährung der Zwischenwirbelscheibe erfolgt über Ein- bzw. Ausstrom extrazellulärer Flüssigkeit aus dem Faserring, der nur in den äußersten Bereichen über kleine Blutgefäße verfügt. Der restliche Teil der Zwischenwirbelscheibe ist gefäßfrei.

Der Gallertkern

Der Gallertkern (Nucleus pulposus) der Zwischenwirbelscheiben ist ein zellarmes Gewebe und besteht überwiegend aus Glykosaminoglykanen, die ein hohes Wasserbindungsvermögen besitzen und zu einem hohen Wassergehalt des Gallertkerns führen. Durch den entstehenden Quellungsdruck setzt er den Faserring (Anulus fibrosus) unter Spannung. Der Gallertkern wird als Überrest der Chorda dorsalis angesehen. Tritt seine Flüssigkeit über den Faserring durch eine Schädigung aus, spricht man von einem Nucleus-pulposus-Prolaps oder Bandscheibenvorfall.

Funktion der Zwischenwirbelscheiben

Die Zwischenwirbelscheibe (Discus intervertebralis) bildet mit ihrem wasserreichen Gallertkern (Nucleus pulposus) in der Art eines Wasserkissens eine Pufferzone zur Dämpfung axialer Stöße und ermöglicht eine gleichmäßige Druckverteilung von Gewichts- und Impulskräften.

Durch die Ausdehnung der Zwischenwirbelscheibe nach außen kann bei einer Krafteinwirkung der Druck auf die Wirbelsäule gemindert werden und der Restdruck gleichmäßig an die angrenzenden Deckplatten weitergegenen werden.

Eine weitere Funktion der Zwischenwirbelscheibe ist die Begrenzung des Bewegungsumfanges. Bei bauchwärtigen (ventralen), rückwärtigen (dorsalen) und seitlichen (lateralen) Bewegungen innerhalb der Wirbelsäule wird der Gallertkern jeweils zur Gegenseite verlagert. Da dieses aufgrund des Faserrings (Anulus fibrosus) nur begrenzt möglich ist, wird hier auch der Bewegungsumfang limitiert. Zudem stellen die Verwachsungen des Faserrings mit den Randleisten (Epiphysen) zusammen mit den Bandstrukturen (z.B. vorderes und hinteres Längsband) eine Sicherung gegen horizontale (translative) Fehlbewegungen der Wirbelkörper (Corpora vertebrae) gegeneinander dar. Eine weitere Begrenzung der Bewegung findet bei der Rotation um die Longitudinalachse statt, da ein Wirbelgleiten, das heißt ein Verschieben der Wirbel gegeneinander, durch die Fixierung der Zwischenwirbelscheiben (Disci intervertebrales) am Wirbelkörper (Corpus vertebrae) verhindert wird. Es wirken demnach unterschiedliche Druck- und Zugkräfte auf die Zwischenwirbelscheiben. Dies läßt den lamellären Aufbau nachvollziehen.

Ernährung der Zwischenwirbelscheiben

Die Zwischenwirbelscheiben (Disci intervertebrales) können zu den bradytrophen Geweben gezählt werden. Die Stoffwechselaktivität ist äußerst gering. Dementsprechend zögerlich ist auch die Regeneration bei Verletzungen. Die Ernährung erfolgt über physiologische Diffusion aufgrund von Zug- und Druck-Bewegungen durch extrazelluläre Flüssigkeit aus dem Faserring (Anulus fibrosus) , der in den äußersten Bereichen noch über kleine Blutgefäße verfügt.

Die Zwischenwirbelscheiben sind äußerst flüssigkeitsreich. Wird Druck auf sie ausgeübt, verlieren sie Flüssigkeit. Im Verlauf eines Tages kann die Zwischenwirbelscheibe (Discus intervertebralis) bis zu 1mm an Höhe verlieren. Bei Entlastung, beispielsweise im Liegen (beim Schlafen), kommt es zur Rehydrierung, die Zwischenwirbelscheibe nimmt extrazelluläre Flüssigkeit wieder auf.

Diese physiologische Diffusion extrazellulärer Flüssigkeit aus den Faserring ist nicht mit einem pathologischen Nucleus-pulposus-Prolaps zu verwechseln. Dieses Auspressen und Aufsaugen ist der einzige Weg, über den die Bandscheiben mit Nährstoffen versorgt werden, da sie ab dem 20. Lebensjahr mit Abschluss des Wachstums selbst keine Blutgefäße mehr besitzen. Der Druckwechsel zwischen Be- und Entlastung ist also eine Grundvoraussetzung für den Stoffwechsel der Zwischenwirbelscheiben.


Text rekonstruiert aus Sicherheitskopie Die Halswirbelsäule auf Wikibooks.
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